22. März 2021

Test-Fuchs optimiert Aerospace-Teststände

Linz, Groß-SieghartsEin Umsatz von zuletzt gut 60 Mio. Euro, 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine Exportquote von über 90 %, Prestigekunden wie Airbus, BOEING oder Lufthansa: Die Test-Fuchs GmbH aus Groß-Siegharts (NÖ) ist seit über 70 Jahren ein unentbehrlicher Partner der internationalen Aerospace-Industrie. Die Test-Systeme des Familienunternehmens prüfen die Einsatzfähigkeit unterschiedlichster Flugzeug-Komponenten wie Hydraulikpumpen, Zylinder für Ruder und  Leitwerk oder Hydraulikmotoren. Für ein sehr herausforderndes Prüfstandsprojekt, wo während der bis zu 30 Prüfzyklen auch Einstellungen am Prüfling vorgenommen werden müssen, wird in Zukunft ein Roboterarm mit hochspezialisierter Schraubeinheit eingesetzt. Für den Operator, der bislang die Einstellungen händisch durchführen musste, bedeutet das neben Zeitersparnis auch einen wesentlich höheren Komfort- und Sicherheitslevel. Die hochspezialisierte Schraubeinheit wurde in nur zwei Monaten von den Systems-Engineering-Experten der Linz Center of Mechatronics GmbH (LCM) entwickelt. Sie erkennt unterschiedlichste Schraubköpfe, führt nötige Werkzeugwechsel durch, fixiert die Prüf-Einstellungen, protokolliert die Ergebnisse – und das alles ganz automatisch. Die Reaktionen der Kunden sind bislang äußerst positiv. Der erste Teststand mit Roboterarm wird noch im Februar 2021 ausgeliefert.

Um eine Hydraulik-Pumpe zu prüfen, muss die Drosselung des Volumensstroms bis zu 30 Mal verändert werden. Jede Pumpe wird dabei über den gesamten Drehzahlbereich betrieben, wodurch nach und nach ein Kennlinienfeld entsteht. Die Maximalleistung der Pumpe muss dabei über eine Einstellschraube eingestellt werden. Bislang musste der Tester dafür die Schraube händisch justieren und den Prüfzyklus fahren. „Deshalb wollten wir unseren Kunden die Option anbieten, diesen zentralen Aspekt der Pumpen-Prüfung zu automatisieren“, betont Testfuchs-Eigentümer Volker Fuchs, der das Familienunternehmen bereits in dritter Generation führt. „Bei der Suche nach einem geeigneten Entwicklungspartner dafür fiel unsere Wahl rasch auf LCM, weil wir schon bei anderen Projekten erfolgreich zusammengearbeitet hatten.“

Boxenstopp im Kleinformat

Die Linzer Mechatronik-Experten haben eine hochspezialisierte Schraubeinheit für einen Standard-Roboterarm von Kuka entwickelt. „Die Anforderungen an Tempo und Präzision waren dabei am ehesten mit einem Boxenstopp in der Formel 1 zu vergleichen“, rekapituliert Bernd Winkler, der bei LCM die Abteilung Systems Engineering für mechatronische Gesamtsysteme leitet. „Im Gegensatz zur Formel 1 liegen die Schrauben bei den zu prüfenden Hydraulikpumpen allerdings teils sehr versteckt. Deshalb mussten wir das System so klein wie möglich halten, was die Aufgabe zusätzlich erschwert hat.“ Gelöst wurde das Problem mit einem platzsparenden 3D-CAD-Design. Dafür wurden zwei hochpräzise Harmonic-Drive-Antriebe mit hohem Drehmoment – einer für die Einstellschraube, der andere für die Kontermutter – verbaut. Zwischen den beiden Einheiten ist ein hochgenauer Kraft- und Drehmomentensensor gelagert, der das laut Norm vorgeschriebene Anzugsmoment exakt einstellt und automatisch protokolliert. Zusätzlich erkennt das System verschiedenste Schrauben wie Kopf-Schlitz, Kopf-Kreuzschlitz, Außen-Sechskant, Innen-Sechskant oder Innen-Vierkant und führt notwendige Werkzeugwechsel automatisch durch. Die Schraubeinheit erkennt den exakten Standort jeder Schraube, setzt sanft auf, löst die Schrauben, fixiert sie in der neuen Position.

Tempowunder mit hohem Potenzial

Durch den neuen Roboterarm sind die Einstellvorgänge deutlich schneller und reproduzierbarer als bislang möglich. Außerdem kann ein Prüfer nun nicht mehr nur einen, sondern, in diesem Fall, bis zu fünf Teststände gleichzeitig bedienen, ohne seinen Arbeitsplatz verlassen zu müssen. Weil die Testumgebung naturgemäß ölig, heiß und mit bis zu 95 Dezibel auch extrem laut ist, geht damit auch eine spürbare Verbesserung im Arbeitsschutz einher. „Mit unserem erweiterten System können pro Jahr rund 800 Testläufe durchgeführt werden“, betont Volker Fuchs. „Aber nicht nur deren Zahl, sondern auch die Verlässlichkeit einzelner Testergebnisse konnte wir durch die Automatisierung der Abläufe und die minutiöse Protokollierung gemeinsam mit LCM noch einmal spürbar erhöhen. Eine Fortführung der Partnerschaft ist daher durchaus wahrscheinlich und wir sind äußerst optimistisch, dass unsere neuen Teststände bei unseren Kunden auf breites Interesse stoßen werden.“ Dass dieser Optimismus durchaus berechtigt ist, belegt die Tatsache, dass bereits eine zweite Bestellung für einen neuen Teststand mit Roboterarm bei Test-Fuchs eingegangen ist.